Der Skandinavienexperte schreibt einen Brief an Frau Dr. Koller, BMUKK, zur Stellungnahme der Lehrenden der Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz zu den Darlegungen von Fr. Dr. Koller vom 5.3.2013
S.g. Frau Dr. Koller,
Die Linzer Kollegenschaft hat den „Nagel voll auf dem Kopf getroffen“ und spiegelt damit die Meinung der verantwortungsbewussten Kollegenschaft an den österreichischen PH mit Blickrichtung auf eine qualitativ hochwertige NMS wider – wirklich ohne jemanden persönlich verletzen zu wollen.
Zwei Aspekte zu dieser Stellungnahme möchte ich hinzufügen:
„Der Unterrichtsgegenstand Technisches und textiles Werken setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Diese können – unter Berücksichtigung der Qualifikation der eingesetzten Lehrkräfte – im gleichmäßigen Wechsel innerhalb eines Schuljahres geführt werden.“ Zitat Österr. LP)
Die skandinavischen Länder haben schon vor längerer Zeit diese beiden Fächer an den Schulen zusammen gelegt, allerdings mit mehr Stunden für die SchülerInnen ausgestattet (im Bildungs-Vorzeige-Land Nr. 1, Finnland: Minimum 7h, real 8,5h für den Sekundarbereich 1)*.
Die Fach-Ausbildungen an den Hochschulen blieben in Schweden oder Finnland qualitätsbewusst selbstständig in Textil und Technik getrennt erhalten. Nur so bekommt das Fach damit auch die im Österr. LP geforderte, notwendige Qualifikation der eingesetzten Lehrkräfte.
Der Genderaspekt und die Technik: In den letzten Jahre bildete ich immer beide Geschlechter zur technischen WE-Fachlehrperson aus. Der Arbeitsaufwand für die weiblichen StudentInnen war ungleich größer als der mit den männlichen Kollegen. Die Ausgangsposition war eine ungerecht andere, die Frauen hatten in der Schule Textil und keine technische Grundbildung. Sie mussten, um auf denselben Level zu kommen, sehr viel nachlernen. Das trifft auch für männliche Kollegen im textilen Bereich zu.
In Zukunft wird sich sehr selten ein männlicher Kollege in der Ausbildung zum neuen Fach Werken wiederfinden. (Noch weniger männliche Lehrpersonen an den Schulen!) Von meinen aktuell befragten 30 Techn. Werken-StudentInnen (9 weibl., 21 männl.) hätten nur 2 Kolleginnen dieses neue Fach Werken studiert. (Sie waren bereits ausgebildete Textilkolleginnen im Schuldienst, die wegen besserer Berufsaussichten das Drittfachstudium TEC WE absolvierten. Die Abdeckung der geprüften technischen WE LehrerInnen liegt bei unter 65%, die der textilen WE KollegInnen bei fast 100%**) Alle anderen Studentinnen und Studenten schlossen dezidiert aus, dass sie dieses neue Fach gewählt hätten.
Mit großem Interesse an einer konstruktiven Zusammenarbeit
Rudolf Hörschinger, TEC WE, PH Sbg.
P.S. Ich bin ein großer Freund der koedukativen Erziehung im technischen Fachbereich und unterrichte seit mehr als 25 Jahren an einem musischen Gymnasium immer schon koedukative Techn. Werkgruppen bis zur 6.Klasse und teilweise zur Matura. Meine GymnasiastInnen kommen damit auf 12 Werkstunden, bzw. 8 im vergleichbaren Sekundarstufenbereich 1, manche wählen das Wahlpflichtfach Werken, die haben dann 16h Werken in der Unterstufe. Das ist das beliebteste Gymnasium in Salzburg mit mehr als 400 Anmeldungen zur Aufnahmsprüfung / Jahr.
*http://www.oph.fi/download/47674_core_curricula_basic_education_5.pdf
**mir vorliegende Erhebung des LSR f. Sbg